Wirtschaftliche Bedeutung des Widerrufs des Verbraucherdarlehens durch Anhebung der Tilgungen

Diagramm1Die wirtschaftliche Bedeutung des der möglichen Anhebung der Tilgungen nach dem Widerruf des Verbraucherdarlehens für den Verbraucher wird nachfolgend anhand eines realitätsnahen Beispiels vorgestellt:

Ein typisches Darlehen über 100.000 €, aufgenommen am 01.02.2008 kann vor Ablauf der Festzinsbindung von 10 Jahren nicht zurück gezahlt werden, nicht einmal gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung.

Entsprechend der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit wurde in der Vergangenheit regelmäßig eine Tilgung von 1 % vereinbart. Typischerweise belief sich der an den Kreditgeber zu zahlende Zins in den Jahren 2004 bis 2008 auf 5 % Nominal. Es ergibt sich eine Monatsrate von 500 €. Unterstellt, das Darlehen wird nach Ablauf der Festzinsbindung von 10 Jahren zu gleichen Konditionen fortgeführt ergibt sich eine Tilgungsdauer von insgesamt 24 Jahren. In diesen 24 Jahren fallen Zinsen in Höhe von 71.085,40 € an. Die Ursache für die sehr lange Tilgungsdauer liegt in dem geringen Anteil der Tilgung an der Rate zu Beginn der der Laufzeit des Darlehens.

Erst weit nach der Hälfte der Laufzeit liegt die Tilgung über den Zinszahlungen und es beschleunigt sich die Tilgungsgeschwindigkeit.

Diagramm2Es muss also das Ziel sein, so viel wie möglich zu tilgen, um die weiteren Zinszahlungen auf den nicht getilgten Teil des Darlehens zu vermeiden. Die wirtschaftliche Bedeutung des Widerrufs ergibt sich aus der Möglichkeit, das Darlehen abzulösen und damit das derzeit historisch niedrige Zinsniveau auszunutzen und aus dem Zinseszinseffekt, da jede erhöhte Tilgung zu Zinsersparnissen in der Zukunft führt. Es ist empfehlenswert, die Tilgung nach dem Widerruf anzuheben. Damit ergeben sich erhebliche Folgeersparnisse.

Von noch größerer wirtschaftlicher Bedeutung ist die Möglichkeit des Widerrufs für sog. endfällige Darlehen. Solche Darlehen wurden  typischerweise mit einem Bausparvertrag, einem Fondsprodukt oder einem anderen Finanzprodukt als Tilgungsersatz ausgestattet. Da während der Laufzeit nichts getilgt wird, ist die Summe der an die Bank zu zahlenden Zinsen sehr viel höher, als bei einem normalen Annuitätendarlehen. Bei einem erfolgreichen Widerruf kann der Darlehensnehmer das für ihn nachteilige Modell aushebeln und das Darlehen ablösen, das Finanzprodukt nach Möglichkeit kündigen und das Darlehen teilweise tilgen und so für den Rest der Laufzeit einen Teil des Nachteiles ausgleichen. Empfehlenswert ist es, daneben auch eine hohe Tilgung vorzusehen. Sofern das Darlehen teilweise zur Finanzierung des Kaufs des Finanzproduktes verwendet wurde, liegt regelmäßig ein verbundenes Geschäft vor und es ist nicht einmal eine Kündigung des verbundenen Vertrages notwendig, denn dann reduziert sich die Darlehensrestschuld automatisch um den Teil des Darlehens, der für die Finanzierung des Finanzproduktes ( z.B. Bausparvertrag ) verwendet wurde.

Bonität vorausgesetzt, kann ein Darlehensnehmer derzeit ein entsprechendes Darlehen für einen Nominalzins von weniger als 2,5 % erhalten. Sofern der eingesparte Zins in die Tilgung gesteckt wird, ergibt sich bezogen auf den Verlauf des Ausgangsdarlehens eine weit überproportionale Absenkung der Zinsbelastung, da der Tilgungsanteil der Raten sehr viel höher ist. Dies verdeutlicht folgende Grafik des Tilgungsverlaufes nach angehobener Tilgung:

Diagramm3

Es wird deutlich, dass sich das Verhältnis zwischen Zinshöhe und Tilgungshöhe sofort umkehrt. Der Verbraucher wird in die Lage versetzt, das Darlehen wesentlich beschleunigt zu tilgen.

Die Umschuldung nach dem Widerruf erhält durch den Zinseszinseffekt erhebliches Gewicht. Wenn die Darlehenssumme schneller zurück gezahlt wird, sinken auch die jeden Monat fälligen Zinsen schneller. Der Verbraucher spart also einiges an nicht mehr anfallenden Zinsen ein.

Es verkürzt sich die Tilgungsdauer in dem Beispiel bei gleich bleibendem Zinsniveau um fast 8 Jahre:

Diagramm4

Konkret bedeutet dies in dem Beispiel bei einer Ablösung des Darlehens zum 01.09.2014 mittels Widerruf:

Der Darlehensnehmer würde ohne Widerruf bis zum Auslaufen der Zinsbindung des auf 10 Jahre fest abgeschlossenen Darlehens Zahlungen in Höhe von 43.829,63 € leisten. Mit Widerruf und Umschuldung zum 01.09.2014 würde er bis zum 30.01.2018 nur noch 34.633,76 € leisten. Die Zinsersparnis bis zum Auslauf der Festzinsbindung alleine liegt also bei 9.195,87 €. Dies ist der Sofortvorteil.

Wegen des Zinseszinseffektes ist der wirkliche Vorteil jedoch noch sehr viel höher. Ohne den Widerruf leistete der Darlehensnehmer auf die gesamte Laufzeit betrachtet Zinszahlungen von 71.085,40 €.

Mit dem Widerruf mit Ablösung zum 01.09.2014 leisteten der Darlehensnehmer jedoch nur Zinszahlungen von 38.116,87 €. Daher beträgt die Zinsersparnis aus den nach dem Widerruf angehobenen Tilgungen nominal 32.967,53 €. Dies entspricht einem Jetztwert ( Barwert ) von rund 18.000 €. Sofern das Zinsnivau nach der ersten Festzinsbindung wieder steigt, ist der Vorteil sogar noch deutlich höher, weil jede frühere Tilgung spätere ( teure ) Zinszahlungen vermeidet.

Gerne berate ich Sie individuell zu den Möglichkeiten und rechne auch alle denkbaren Varianten und die wirtschaftlichen Ergebnisse eines Vergleichsvorschlages des Kreditinstitutes durch. Selbstverständlich kann man die Umschuldung auch einfach zum Anlass nehmen, seine monatliche Belastung deutlich zu reduzieren.

 

Stephan Lengnick

Rechtsanwalt in Dresden