BGH Entscheidung vom 21.02.2017, XI ZR 467/15 Wann ist die Feststellungsklage in Widerrufsfällen zulässig ?

Es ist leider immer noch strittig, ob nach Aufrechnung der beiderseitigen Ansprüche eine Klage auf Feststellung, dass sich der Darlehensvertrag in ein Rückabwicklungsverhältnis umgewandelt hat im Regelfall – sofern der Bank nach Aufrechnung noch eine Forderung gegen den Darlehensnehmer zusteht – zulässig ist. Grundsätzlich ist zwar eine Leistungsklage vorrangig. Allerdings muss die Leistungsklage auch geeignet sein, den Streitstoff zwischen den Parteien verbindlich und vollständig zu klären. Der Vorrang der Leistungsklage gilt daher nur so lange, wie die Erstattungsansprüche des Darlehensnehmers nicht durch Aufrechnung erloschen sind, der Darlehensnehmer also auf Leistung klagen könnte ( BGH, Entscheidung vom 24.01.2017, XI ZR 183/15 RN 13 ).

Sollte man neu klagen, empfiehlt es sich allerdings statt der positiven Feststellungsklage, gerichtet auf Feststellung, dass sich das Schuldverhältnis in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat, die negative Feststellungsklage, gerichtet auf Feststellung, dass der Darlehensnehmer seit dem …. keine Ratenzahlungen auf das Darlehen Nr. …. mehr schuldet zu erheben. Damit ist man auf der sicheren Seite. Der erfahrene Anwalt stellt einfach die positive Feststellungsklage im Hauptantrag und die negative Feststellungsklage als 2. Antrag oder als Hilfsantrag. Damit ist an dieser Stelle kein Prozeßrisiko vorhanden.

Der Bundesgerichtshof geht in seiner Entscheidung vom 21.02.2017, Aktenzeichen XI ZR 467/15 scheinbar von einem allgemeinen Vorrang der Leistungsklage aus. Allerdings lag dem eine Konstellation zu Grunde, bei der eine Zahlungsklage als vorrangige Leistungsklage möglich war, weil die Aufrechnung der Gegenforderungen des Darlehensnehmers, dies sind der Anspruch auf Rückzahlung der Raten und der Anspruch auf Zahlung wegen der von der Bank aus den Ratenzahlungen gezogenen Nutzungen, noch nicht erklärt war.

Vorrangige Leistungsklagen können sein, die Klage auf Rückzahlung der geleisteten Raten oder die Klage auf Rückabtretung der Grundschuld nach Zahlung. Die Leistungsklage ist nur dann als vorrangig zu betrachten, wenn sich mit der Rechtskraftwirkung der Leistungsklage der Rechtsstreit vollständig erledigen lässt. Es ist fraglich, ob dies auch für die Leistungsklage auf Rückabtretung der Sicherheiten gilt. Jedenfalls ist es den Darlehensnehmern im Regelfall gar nicht zumutbar, den sich ständig ändernden Saldo abschließend zu beziffern.

Im Falle einer Widerklage der Bank auf Zahlung, wird die Feststellungsklage zwar grundsätzlich unzulässig. Ist allerdings die Widerklage nur als Hilfswiderklage für den Fall erhoben, dass der Feststellungsantrag zulässig ist, so entfällt das Feststellungsinteresse nicht. Jedenfalls in dieser Konstellation bleibt die Feststellungsklage auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zulässig ( BGH v. 24.01.2017 – XI ZR 183/15, RdNr. 6, OLG Stuttgart, Entscheidung vom 18.04.2017, 6 U 36/16, Rd. Nr. 83 bis 86, beides zit. nach juris ). Etwas anderes gilt jedenfalls auch dann, wenn der nach Widerruf noch geschuldete Betrag zwischen den Parteien unstreitig ist, z.B. dann, wenn die Bank eine Hilfswiderklage auf Rückzahlung des Restsaldos nach Widerruf erhoben hat und den Restsaldo korrekt berechnet. Für diesen Fall – das Saldo ist unstreitig – droht keine Verdoppelung von Rechtsstreitigkeiten und nach ständiger jahrzehntelang gültiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist davon auszugehen, dass eine Bank sich an ein solches Feststellungsurteil halten würde.

Wird im Falle einer Besicherung des Darlehens durch eine Grundschuld dennoch eine Klage auf Rückabtretung der Grundschuld nach Zahlung ( der in der Sicherungsabrede geregelten Vorleistungspflicht entsprechend ) erhoben, ist darauf zu achten, dass der angebotene Betrag mindestens dem korrekt berechneten Saldo entspricht, was einige Schwierigkeiten macht. Für den versierten Anwalt ist dies jedoch kein Problem.

Auch für den Fall, dass es sich um ein verbundenes Geschäft handelt, gilt der Vorrang der Leistungsklage jedenfalls nicht, da mit einer Leistungsklage die Sachlage nicht abschließend geklärt werden könnte.

 

Stephan Lengnick

Ihr Anwalt für das Bankrecht